Ab heute es wieder soweit –  das Millerntor-Stadion verwandelt sich in eine internationale Kunstgalerie. Bereits zum fünften Mal in Folge bietet die Millerntor Gallery ihren Besuchern vier Tage lang einen bunten Mix aus Kunst, Musik und Fußball. Neben dem kulturellen Aspekt spielt außerdem der gute Zweck eine große Rolle: Die Erlöse gehen größtenteils an die Viva con Agua-Stiftung, die weltweit Trinkwasser-Brunnen in Entwicklungsländern errichtet.

Wir waren noch vor der offiziellen Eröffnung der Millerntor Gallery vor Ort und haben mit zwei Insidern, Benjamin und Linus, gesprochen. Linus von Moos ist unter dem Namen Rips1 als einer von insgesamt 125 Künstlern bei der Millerntor Gallery vertreten. Benjamin Adrion ist der Initiator der Millerntor Gallery, Gründer der Viva con Agua-Stiftung und ehemaliger FC St. Pauli-Spieler. Wir trafen ihn, als er grade auf dem Weg war, den heiligen Rasen im Millerntor-Stadion mähen zu dürfen – eine Ehre, die wohl nicht jedem zu Teil wird.

Hallo Benjamin. Wie kam es eigentlich zu „Viva con Agua“?

„Viva con Agua“-Gründer und Initiator der Millerntor Gallery

Die Idee entstand in meiner Zeit als Fußballspieler. Als ich noch für St. Pauli gespielt habe, waren wir in unserem Wintertrainingslager auf Kuba. Ich konnte mir vorher überhaupt nicht vorstellen, dass ein Land, in das so viele Touristen reisen, immer noch derartige Probleme mit der Trinkwasserversorgung haben könnte. Die Verhältnisse dort haben mich dann so schockiert, dass ich mir vornahm, daran etwas zu ändern. Also fing ich an, zu recherchieren. Zu dem Zeitpunkt hatte ich mich eigentlich längst für einen Austritt aus der Fußballkarriere entschieden und mir stattdessen vorgenommen, die Welt zu bereisen und sozial aktiv zu werden – ich hatte mir sogar bereits eine Weltkarte gekauft. Doch dann rief mein damaliger Manager an: Ich sollte einer Vertragsverlängerung bei St. Pauli zustimmen. Einerseits wollte ich meinen Verein nicht hängen lassen, andererseits wollte ich in der Welt aktiv werden. Plötzlich kam mir in den Sinn, einfach beides miteinander zu verbinden und eine Stiftung in Kooperation mit dem FC St. Pauli zu gründen. So wurde die Idee zu Viva con Aqua geboren.


Und was hat das mit Kunst zu tun? Wie ist die Idee zur Millerntor Gallery entstanden?
Das Stadion des FC St. Pauli

Die Ruhe vor dem Sturm: Das Stadion des FC St. Pauli, einen Tag vor Eröffnung der Millerntor Gallery

Durch den Fußballverein waren wir bereits von Anfang an eine große Community. So war es deutlich einfacher, unsere Vision in die Tat umzusetzen. Die Stiftung sollte von Anfang an als öffentliche Plattform dienen, auf der sich jeder einbringen können soll – das funktioniert natürlich nur, wenn genügend Leute mitmachen. Die Fans gestalten das Programm bis heute aktiv mit und inspirieren uns ständig für neue Ideen. Sinn des ganzen ist es, eine große Gruppe von Menschen dafür zu begeistern,  seinen kleinen Teil zu einer besseren Welt beizutragen. So entstanden aus dem Projekt Viva con Agua nicht nur Trinkwasserbrunnen, sondern außerdem auch eine riesige Community aus jungen Künstlern und Kreativen aus aller Welt. Nur so lassen sich heute weltweit Projekte wie die Millerntor Gallery auf die Beine stellen.

Wie finanziert sich die Viva con Agua Stiftung?
Insgesamt 125 Künstler wirken dieses Jahr mit

Insgesamt 125 Künstler wirken dieses Jahr mit

Zum einen werden wir durch freiwillige Spendengelder finanziert, zum anderen durch Spendenläufe, die Millerntor Gallery, das Wasser!Marsch, eine Pilgerreise von St. Pauli bis Basel, dieWASH Camps und viele andere spannende Projekte. Bei den WASH Camps errichten wir in der Nähe der Campingplätze diverser Festivals ein „stilles Örtchen“. Mit stilechten Goldeimer Komposttoiletten wie in Uganda und Tippy Taps zum Händewaschen. So wollen auf unseren All-Profit Gedanken und unsere Vision aufmerksam machen: Jeder Mensch sollte Zugang zu Trinkwasser und sanitären Anlagen haben.

Linus von Moos, besser bekannt als Rips1, ist einer der Künstler vor Ort. Der junge, kreative Kopf aus der Schweiz ist ebenfalls für die Viva con Agua Stiftung tätig. Er ist dieses Jahr nun schon zum zweiten Mal dabei und freut sich, in Hamburg zu sein. Dieses Jahr durfte er gemeinsam mit MINI, einer der Sponsoren der Millerntor Gallery, eines der Fahrzeuge kreativ mitgestalten. Außerdem verzierte er einen der sonst eher tristen Treppenaufgänge zu den Tribünen. Dieses Jahr schmückt dort ein überdimensional großer Hahn die ursprünglich farblosen Mauern. Diesen hat Rips1 in liebevoller Kleinstarbeit, nur mit einem Pinsel bewaffnet, geschaffen.


Hallo Linus. Wie hast du zur Kunst gefunden?
Rips1 2

Linus von Moos alias „Rips1″

Ich male schon mein ganzes Leben lang, Stift und Papier waren schon immer meine ständigen Begleiter. Als ich klein war, habe ich immer versucht meinen perfekten Superhelden zu kreieren. Ich bin großer Breakdance Fan und in dieser Szene liegt das Graffiti sprühen, wenn man Talent hat, ja häufig sehr nah beieinander. Später habe ich mich dann bei einer Kunstschule beworben, wurde aber leider nicht angenommen. Daraufhin begann ich dann eine Ausbildung als Dekorationsgestalter, darauf folgte ein Praktikum bei einem Illustrator. Irgendwann brauchte ich eine Auszeit und habe mir ein One Way Ticket nach Kanada gekauft. Ich bereiste zudem die Westküste Amerikas und als mir in San Diego das Geld ausging, machte ich mich auf die Rückreise in die Schweiz. Nach meiner Rückkehr häuften sich die Aufträge und ich machte mich selbstständig.

Wie kam es, dass du Teil der Millerntor Gallery werden durftest?
Hier prangt seit diesem Jahr ein Kunstwerk von Rips1

Hier prangt seit kurzem ein Kunstwerk von Rips1

Eigentlich bin ich in der Schweiz für Viva con Agua tätig. Für die Millerntor Gallery nach Hamburg zu kommen ist für mich aber immer ein besonderes Event. Vor allem auch wegen des familiären Verhältnisses zwischen den Künstlern fühlt es sich fast an wie Urlaub, hier zu sein. Hier kann ich meiner kreativen Ader Ausdruck verleihen und mich gleichzeitig noch sozial engagieren – besonders gut gefällt mir an dem Projekt, dass es einem guten Zweck dient. Für mich ist es wichtig, dass Geld nicht die größte Motivation für Kunst ist. Daher genieße ich es hier malen zu können, ohne dass Geld eine große Rolle spielt. Ich sehe die Kunst mehr als eine Art kreativen Spielplatz – vor allem male ich einfach gerne und freue mich natürlich über den Nebeneffekt, dass ich mich damit finanziell über Wasser halten kann.

 


Danke, Linus! Wir freuen uns auf die Millerntor Gallery.

 

Wer Lust auf Kunst, Kultur und Fußball hat, sollte sich unbedingt die Millerntor Gallery anschauen. Die Gelegenheit dazu gibt’s vom 2. – 5. Juli auf dem Heiligen-Geist-Feld in St. Pauli. Die Öffnungszeiten variieren je nach Tagesprogramm – zwischen 14 und 23 Uhr wird dort aber meistens etwas geboten. 

 

(Bilder: Viva con Agua / Rips1 / Millerntor Gallery / Findeling)