Berlin: Die Stadt der Freigeister – und Traumstadt für Kreative? „Berlin ist tatsächlich eine sehr offene Stadt, aber auch hier haben gerade junge und noch unerfahrene Kreative häufig mit Herausforderungen zu kämpfen“ erzählt uns Lera Nicoletti. Wir haben sie, die selber als Kinderspielzeug Designerin in Berlin arbeitet und Mitglied beim Berlin Kreativ Kollektiv ist, auf einen Kaffee getroffen. Uns hat sie dabei alles über die Hintergründe zu dem 2016 gegründeten Verein, ihren weiteren Plänen und den Herausforderungen für junge Kreative in Berlin berichtet.

Stellt euch doch bitte einmal kurz vor…

Hallo, also ich heiße Lera Nicolette und ich bin zuständig für den Bereich Public Relations beim Berlin Kreativ Kollektiv – wir sind ein Kollektiv kreativer Menschen und ein Verein in Gründung. Im Prinzip machen wir allerlei Projekte mit Kleinunternehmern, die sich schon im Kreativbereich betätigen oder dort aktiv werden wollen. Was an uns besonders ist, ist das wir ein Verein sind der durch seine eigenen Mitglieder gegründet wurde. Das bedeutet, dass wir die Herausforderungen der anderen kennen, da es auch unsere eigenen sind. Ursprünglich waren wir eine Gruppe auf Etsy, wo sich die Leute getroffen haben, die auf Etsy etwas verkauft haben – das waren hauptsächlich Kleinunternehmer. Daraus ist dann 2015 zunächst die Idee für einen Pop-Up Shop zur Weihnachtszeit entstanden. Dadurch war dann gleichzeitig eine weitere Möglichkeit gegeben um sich untereinander richtig kennenzulernen und zu vernetzen. Um dieser Gruppe eine richtige Rechtsform zu geben und über die Pop-Up Shops hinaus arbeiten zu können, haben wir uns dann letztes Jahr dazu entschieden dem ganzen in Form von einem Verein einen besseren Rahmen zu bieten.

 

Warum wurde das Kollektiv gegründet? 

Die Idee die sich dahinter verbirgt ist eigentlich erst mal die einer kreativen Community – wir sind für einander da um uns gegenseitig zu unterstützen und zu stärken. Gerade wenn man als Kleinunternehmer alleine arbeitet, fühlt man sich häufig auch etwas alleine gelassen wenn es um Probleme oder Herausforderungen geht. Daher dachten wir uns es ist schön und hilfreich sich in einer Gruppe austauschen zu können. Durch die gemeinsamen Pop-Up Shops haben wir auch gemerkt, dass wir sehr gut zusammenarbeiten können, uns gut ergänzen und wir Kapazitäten haben die anderen Menschen in dem Bereich vielleicht fehlen. Ich bin zum Beispiel gut im Bereich Social Media und jemand anderes kennt sich wiederum gut mit Accounting aus.

 

Wie sieht es sonst mit der Unterstützung für junge Designer/Kreative in Berlin aus?

Es gibt einige Netzwerke oder Anlaufstellen hier in Berlin für Leute die interessiert daran sind etwas zu Gründen, auch zum Beispiel spezialisiert auf Frauen die gründen wollen. Bei uns liegt der Fokus allerdings auf der Kreativszene, was das Projekt zu etwas Besonderem macht und so speziell findet man das sonst hier nicht. Eigentlich fehlt es hier tatsächlich an so einer spezifischen Unterstützung, obwohl Berlin immer als eine kreative Stadt bezeichnet wird. Zumindest aber findet man hier vermehrt Shops, die gerne Produkte von kleinen und vielleicht auch noch unbekannten Designern bei sich verkaufen und sie somit unterstützen.

 

Habt ihr eine bestimmte Ausrichtung? Welche Designer findet man bei euch?

Wir sind sehr vielfältig aufgestellt. Bei uns findet man von Illustratoren und Designern über Schmuck- und Spielzeugherstellern sowie Mode, eigentlich alle Bereich vertreten in denen man kreativ Arbeitet. Es wird also keine Auswahl für die Aufnahme ins Kollektiv anhand der Branche getroffen, sondern unsere einzige Voraussetzung ist, dass das Produkt aus Berlin stammt.

 

Gibt es vermehrt junge Designer, die sich selbstständig machen? Wo liegen eventuelle Schwierigkeiten?

So wie ich das einschätzen kann würde ich sagen, dass das schon der Fall ist und Berlin bietet eigentlich sehr gute Möglichkeiten dafür, da die Menschen die hier Leben sehr offen für neue Dinge sind. Ich habe das selber über die letzten Jahre mit meinem eigenen Business beobachtet, dass es auch von der Käuferseite immer mehr Menschen gibt die sich dafür begeistern können wenn etwas nicht aus einer großen Produktion stammt sondern sie wissen wer es hergestellt hat. Das hat natürlich dann auch wiederum eine Auswirkung auf die Designer, dass sie sich trauen etwas zu starten. Ich sehe bei vielen die Schwierigkeit darin, dass sie zum Beispiel nicht wissen wie sie sich und ihr Produkt selber vermarkten können. Das geht schon bei ganz einfachen Sachen wie dem richtigen Preis für die Produkte los oder dem Anschluss an die passenden Shops um zu verkaufen oder auch dem eigenen Social Media Auftritt. Ich denke es gibt noch sehr viele Kreative hier in der Stadt, die aber einfach nicht wissen wie sie ihre Ideen richtig umsetzen können.

 

Wohin soll es für euch gehen?

Erst mal muss natürlich unser Verein komplett fertig gegründet werden, aber wir haben auch schon viele andere Pläne für dieses Jahr. Ende Februar wird eine Konferenz für Kreative stattfinden. Da soll es um genau solche Schwierigkeiten wie zum Beispiel die Vermarktung oder die Frage: Wie gründe ich? gehen. Zu diesem Anlass haben wir interessante Redner eingeladen. Natürlich stehen in diesem Jahr auch wieder interessante Pop-Up Stores an.

 

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

 

(Fotos: Berlin Kreativ Kollektiv)