„Jedes von uns gerettete Teil verhindert wohlmöglich, dass irgendwo unnötigerweise ein neues Möbelstück bei einem Billiganbieter gekauft wird“. Die Schwestern Lena und Mari von Mill Living zeigen durch ihre einzigartigen Kombinationen aus alten und neuen Möbelstücken, dass Nachhaltigkeit ziemlich stylisch und modern sein kann. Wir haben mit den sympathischen Kölnerinnen gesprochen und mehr über ihr besonderes Konzept herausgefunden.

 

Ihr seid Schwestern – wie seid ihr auf die Idee gekommen, zusammen einen Store für Vintage-Möbel und Wohnaccessoires zu eröffnen?

 

Lena: Wir haben nie geplant zusammen ein Geschäft zu eröffnen. Die Idee hat sich über die Jahre entwickelt. Wir haben uns schon immer sehr gut verstanden und haben immer viel gemeinsam unternommen. Die Überlegung etwas zusammen zu kreieren war auch immer da, aber wir wussten zu Anfang noch nicht, was aus uns werden könnte. Das hat sich eher durch verschiedene Zufälle und Ereignisse so ergeben.

Mari: Wir wollten schon immer zusammen arbeiten, weil wir wussten, dass wir uns so gut ergänzen und gemeinsam so ein starkes Team abgeben.

Lena: Ja, wir sind schon in jungen Jahren immer zusammen auf Flohmärkte stöbern gegangen und haben nach einzigartigen Schätzen gesucht. Außerdem hatten wir beide schon immer eine große Leidenschaft für Vintage-Taschen. Das führte dann dazu, dass es viel zu viele wurden und wir anfingen uns von ihnen zu trennen und sie online weiterverkauft haben. Durch einen Zufall haben wir dann auch irgendwann mal probiert ein Möbelstück zu verkaufen. Da ist uns dann aufgefallen, dass uns der Onlineshop mit Möbeln mehr Spaß macht und unsere Idee die alten Schmuckstücke zu verkaufen kam auch von Anfang an sehr gut an. Wir haben dann immer mehr und mehr Möbel und weniger Taschen online verkauft. Irgendwann haben wir uns dann in dem Laden hier niedergelassen, immer noch primär um Möbel online zu verkaufen. Daraus hat sich dann aber neben dem Onlineshop ein Laden zum stöbern und entdecken unserer Möbel entwickelt, den wir mit Liebe zu Detail immer wieder neu kreativ gestalten und umbauen.

 

Was ist das Schöne an einem solchen Familienprojekt? Gibt es auch Herausforderungen?

 

Lena: Das Beste daran mit seiner Schwester zusammen zu arbeiten ist ohne Zweifel, dass man sich blind vertraut. Wir müssen uns keine Gedanken um Vertrauensfragen machen. Wir streiten uns durch die gemeinsame Arbeit auch nicht mehr, wie viele vielleicht vermuten würden. Klar, zwischendurch haben wir mal ganz alltägliche Meinungsdifferenzen, so wie das unter den meisten Geschwistern auch üblich ist.

Mari: Ich würde sogar sagen, dass wir uns selber etwas zurücknehmen – schließlich ist das hier unser Arbeitsplatz. Außerdem ist es auch sehr interessant, der eigenen Schwester dabei zu zusehen, wie sie sich weiterentwickelt und in ganz neue Rollen hineinwächst – und sogar über sich hinauswächst. Zum Beispiel hat meine kleine Schwester jetzt die volle Verantwortung über unsere Steuerthemen (lacht). Es ist wunderbar zu sehen, wie man sich in den verschiedenen Dingen weiterentwickelt und neu entdeckt. Wir haben da beide sehr viel Spaß dran und überraschen uns immer wieder gegenseitig.

Lena: Spannend war auch die Frage, wer jetzt welche Bereiche übernimmt. Das war nicht von Anfang an detailliert durchgeplant, es hat sich eher im Laufe der Zusammenarbeit ergeben. Aber wir ergänzen uns sehr gut  und jeder arbeitet sich in seinen Aufgabenbereich herein. Es macht uns jeden Tag viel Freude, unser kleines Familienunternehmen gemeinsam zu wachsen.

Mari: Familie ist bei uns absolut essenziell. Wir stehen unserem Bruder, unseren Eltern, unserer Tante und Oma sehr nah – und jeder einzelne von ihnen trägt seinen Teil zu unserem Projekt bei. Jeder unterstützt uns auf ihre eigene individuelle Art. Diese gegenseitige Unterstützung ist uns unglaublich wichtig und wir schätzen das sehr an unserer Familie.

 

Die Aufbereitung der Möbel ist sehr nachhaltig, aber auch arbeitsaufwändig – warum habt ihr euch bewusst dafür entschieden?

 

Lena: Uns ist das Thema Nachhaltigkeit persönlich sehr wichtig. Besonders wenn man bedenkt, was heutzutage alles auf dem Müll landet. Die meisten alten Möbel haben einfach eine viel bessere Qualität, als die meisten neuen Möbel.

 

Mari: Wir sind auch privat gegen den aktuellen Massenkonsum. Auch das ist in unserer Kindheit verwurzelt. Wir haben schon früh mitbekommen, dass man nicht einfach immer alles wegschmeißt. Oft kann man etwas ja doch noch reparieren oder etwas Neues draus machen. Wir kaufen auch privat gerne Second Hand Mode. Außerdem waren wir auch früher schon immer auf Flohmärkten unterwegs, speziell als wir noch nicht so das nötige Budget hatten. Das war für uns immer praktisch. Da hat man eine unheimlich große Auswahl und individuelle Sachen. Das ist bei uns einfach eine Herzensangelegenheit.

Lena: Wir sind auch immer dabei, wenn man etwas dafür tun kann, um die Umwelt zu schonen. Das fängt beim Ökostrom an und hört mit dem nachhaltigen Konzept auf, das unseren Arbeitsinhalt bestimmt. Wir benutzen keine Chemikalien zum Aufarbeiten der Möbel – zumindest so gering wie möglich. Auf diese Weise versuchen wir, möglichst „grün“ zu sein.

Mari: Jedes von uns gerettet Teil verhindert womöglich, dass irgendwo ein wenig wertiges Möbelstück bei einem Billiganbieter gekauft wird. Solche Möbel stehen in großen Mengen am Straßenrand. Da sind ja wirklich Berge von diesen Pressspanmöbeln und das finde ich persönlich schrecklich. Wir sind total froh, dass wir da gegenwirken können und den Leuten eine gute Alternative wohnfertig präsentieren können. Vielen Menschen fehlt der Zugang dazu – oder die Phantasie. So wie wir das hier im Laden versuchen zu präsentieren, hoffen wir, dass wir das auch Leuten schmackhaft machen können, die vielleicht nicht so eine große Vorstellungskraft für Interior haben und vielleicht keine Lust haben über den Flohmarkt zu laufen oder in Kleinanzeigen zu stöbern. Wir versuchen außerdem die Möbel so modern wie möglich zu kombinieren um möglichst viele Menschen anzusprechen und es für eine große Gruppe interessant zu machen.

Lena: Wir versuchen die Möbel außerdem so original wie möglich zu lassen, weil uns das persönlich einfach besser gefällt. Also wir lackieren beispielsweise nichts um. Wir bemühen uns sehr, für ein bestimmtes Möbelstück einen Original-Beschlag auf dem Flohmarkt zu finden, als einfach einen neuen aus dem Baumarkt zu nutzen. Bei Stühlen ist es hingegen schwieriger – hier müssen wir häufig aufarbeiten, weil alte Stühle oft sehr abgenutzt sind. Da versuchen wir uns dann an einer schönen Kombination aus altem Holz und modernen, neuen Bezügen. Auch gerne mal mit einem geometrischen Muster. Wir mögen dieses „Alt“ und „Neu“ kombiniert einfach sehr gerne!

 

Wie seid ihr auf das Konzept gekommen, Altes und Neues zu kombinieren?

 

Mari: Wir lieben alte Möbelstücke, aber wir wollen das Thema trotzdem etwas aufzulockern. Wenn man nur alte Möbel hat dann wirkt es oft wirklich … alt? (lacht) Wir finden die Kombination aus alt und neu wertet das ganze Mobiliar einfach auf und ergänzt sich auch gut. Es ist auch einfach schlichtweg nicht möglich sich ausschließlich mit alten Möbeln einzudecken, da vieles schwierig ist auf Dauer gut zu erhalten.

Lena: Viele alte Teppiche sind zwar sehr schön und orientalisch, aber das ist dann auch wieder ein anderer Stil als der eines modernen Wohnraums. Dann müsste man seinen Stil an die Möbel anpassen. Das fänden wir schade.

Mari: Wir haben schon früher als Kinder probiert Stühle neu zu polstern oder sie mit Stoff zu umwickeln. Wir haben schon früh eine Vorliebe dafür entwickelt. Da haben wir einen alten Cocktail-Sessel zum Beispiel mit tausend Nadeln ein wenig extravagant umgestaltet, das weiß ich noch (lacht).

Lena: Das hat sich bei uns alles so ergeben. Ich habe schon früh immer viel Handarbeiten gemacht und viel genäht und in dem Bereich auch früher gearbeitet. Deshalb hat sich das, was wir jetzt machen, natürlich noch mehr Angeboten. Ich hatte früher in der Schule schon Stoffkunde und kreative Fächer, die mir jetzt immer noch helfen. Im Endeffekt sind wir halt wirklich so aufgewachsen. Auch bei uns Zuhause gab es immer eine Mischung aus alten und neuen Möbeln. Wir kennen das gar nicht anders und lieben es.

 

Was macht Köln und dieses Veedel zu einem guten Ort für euer Projekt?

 

Lena: Also den Standort haben wir uns eigentlich nicht speziell ausgesucht. Das war alles eher Zufall. Jetzt, wo wir hier sind, wissen wir, dass das hier schon ein recht beliebtes Viertel ist, wo viele junge Leute wohnen aber auch viele Alteingesessene. Die Mischung zwischen beidem macht es zum perfekten Viertel für unseren Laden. Die bunte Mischung gefällt uns.

Mari: Durch die Baustelle, die wir hier haben, ist hier auch irgendwie seit einer Weile so ein Aufschwung. Unsere Großmutter hat hier früher um die Ecke gewohnt und wir kannten die Ecke hier immer schon. Jetzt sind allerdings viele hier weggezogen, alle Gewerbe waren leer und so langsam wird alles neu belebt und neu vermietet. Ich denke, hier entwickelt sich gerade viel. Besonders durch die Verbindung zum Volksgarten sind hier besonders im Sommer viele Menschen unterwegs. Wir wurden auch schon von Nachbarn angesprochen, die sich freuen, dass wir jetzt hier sind. Es macht schon Spaß hier. Für uns war die Standortwahl aber ehrlich gesagt auch eher sekundär, weil wir vorher das meiste Online gemacht haben und dass es sich jetzt immer mehr entwickelt hat und der Laden immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, finden wir total gut! Wir fühlen uns hier echt wohl und das ist halt auch bezahlbar. Das ist natürlich auch sehr wichtig. Im belgischen Viertel zum Beispiel hätten wir nicht die Möglichkeit einen so großen Showroom zu gestalten.

Lena: Hier sind halt auch viele Kindheitserinnerungen. Das ist natürlich auch schön. Wir kennen die Gegend hier seit wir klein sind. Wir sind also auch emotional an den Ort gebunden. Unser Großvater hatte hier früher schon einen Holzhandel. Irgendwie passt das schon ganz gut, dass wir jetzt hier sind – und nicht woanders.

 

Vielen Dank, ihr Lieben.

 

Wenn auch ihr bald im stolzen Besitz eines waschechten Mill-Möbelstücks sein möchtet,
bitte einmal hier entlang.

Fotos: Mill Living