Seit 1998 einen Laden im Rathenauviertel zu halten: Das muss erstmal jemand nachmachen. Wir waren daher umso neugieriger, wer eigentlich hinter „Tausend fliegende Fische“ steckt und was das das Geheimrezept der bezaubernden Modeboutique ist. Inhaberin Anette Kamps – von vielen Tara genannt – hat uns vier Fragen zu sich, ihrem Konzept und den Trends im Einzelhandel beantwortet. Was die jung gebliebene 49-Jährige zur Eröffnung ihrer Boutique motivierte und wie die Kölnerin von der Banklehre über Umwege in die Bereiche Marketing-, PR- & Events anschließend zum eigenen Laden gefunden hat? Das verrät euch die vielbereiste Ladenbesitzerin heute auf unserem Blog und plaudert aus ihrem fast 20-jährigen Erfahrungsschatz und ihrem ganz persönlichen Nähkästchen.
Liebe Tara – wann kamst du auf die Idee einen eigenen Laden zu eröffnen?
Vor 20 Jahren habe ich Retro Second Hand Klamotten auf Second Hand Modemessen und schönen Flohmärkten verkauft. So ausgesuchte Stücke aus den 60ern, 70ern und 80ern. Dort habe ich gemerkt, dass ich ein Händchen für eine gute Auswahl und ein Auge für schöne Mode habe. Daraus ist dann die Idee zu einem eigenen Geschäft entstanden. 1998 habe ich zunächst im jetzigen Ladenlokal im Rathenauviertel einen Second Hand Laden eröffnet. Schnell habe ich neue Mode, damals kleine englische Labels aber auch Kassenschlager wie Miss Sixty für Tausend Fliegende Fische dazu gekauft.
Du bist seit 1998 im Geschäft – hast du ein Geheimrezept?
Ich denke, die Kundinnen fühlen sich vor allem einfach sehr wohl bei uns. Die Mitarbeiterinnen sind richtig nett und entspannt und helfen gerne. Wir haben viele tolle, aber trotzdem bezahlbare Sachen und viel Auswahl. Einen guten Mix zwischen schönen, cleanen Teilen und besonderen, außergewöhnlicheren Stücken. Und eine richtig gute Jeans- und Mantelauswahl! Besonders jetzt im Herbst. Das Sortiment ist breit: Viel Ware Clean und Boho – aber es gibt auch viel anderes zu entdecken und es lohnt sich immer, bei uns zu stöbern. Bei Jeans und Mänteln gibt es auch viel Auswahl in der Tiefe: Wir haben viele verschiedene Marken, Schnitte & Größen. Ich bin fest davon überzeugt, dass das sehr wichtig für unseren Erfolg ist. Es ist ja schon sehr traurig, wenn das persönliche Lieblingsteil nicht mehr in der richtigen Farbe oder Form im Laden vorrätig ist – daher bemühen wir uns immer sehr gut ausgestattet zu sein.
Was hat sich in den letzten Jahren in Köln verändert?
Die Gegend in der Innenstadt, zum Beispiel in der Ehrenstraße, haben sich leider sehr verändert. Viele kleine, inhabergeführte Läden sind verschwunden, internationale Ketten sind eingezogen. Ein tolles Programmkino, das Broadway ist geschlossen worden, ein Esprit Flagshipstore kam rein. Dafür tut sich aber in den einzelnen Vierteln viel, was mich sehr freut: Das Belgische Viertel war früher verschlafener, jetzt sind dort viele hübsche, kleine Läden und Cafés. Auch bei uns im Rathenauviertel war mein Geschäft vor 18 Jahren der einzige Modeladen. Mittlerweile sind es richtig viele, die hier neu eröffnet und sich etabliert haben. Zu der Frage lässt sich natürlich noch viel sagen. Die Immobilien sind zum Beispiel viel teurer geworden, die Mieten daher leider auch. Aber grundsätzlich finde ich vieles sehr positiv.
Deine 5-Jahres-Trendprognose: Was verändert sich im Bereich Mode?
Ich denke, dass die Themen Fairtrade und Bio bei Mode immer wichtiger werden. Leider gibt es nur wenige Modelabels in dem Bereich mit schönen Kollektion und einer großen Auswahl. Die Leute werden langsam darauf aufmerksam, dass immer noch die meiste Mode unter nicht optimalen Bedingungen produziert wird. Mehr und mehr Menschen werden daher meiner Meinung nach auf die Herkunft Ihrer Bekleidung achten – einerseits. Aber es findet irgendwie parallel auch eine Entwertung von Textilien statt. Neulich saß ich in einem Café in der Nähe von Primark. Da wimmelte es vor jungen Frauen – schwer bepackt mit Plastiktüten, die bis oben hin voll waren mit wenig hochwertiger Mode. In deren Köpfen ist es normal. dass eine Jeans 15 Euro kostet und eine Jacke 25 Euro. Ich finde, dass das Bild aber verzerrt ist.
Außerdem befürchte ich, dass der Onlinehandel wird dem Offlinehandel immer mehr zu schaffen machen wird. Es werden vermutlich viele inhabergeführte Geschäfte aufgeben, weil Umsatz und Frequenz fehlen. Ich finde das sehr, sehr schade, da es unsere Innenstädte langweiliger macht. Ich hoffe nicht, dass in Zukunft mehr Ladenlokale leer stehen aber ich habe auch im Gefühl, dass in einigen Kölner Viertel sogar neue Geschäfte eröffnen. Wir werden sehen, was die Zeit bringt.
Danke, liebe Tara.
(Bilder: Tausend fliegende Fische / Silviu Guiman)