Kathrin Musswessels‘ kleiner Laden ist definitiv ein kleines Juwel und gehört daher natürlich zu den absoluten Lieblingsläden von Findeling. Nicht nur deshalb, sondern auch weil ihre authentische Stilsicherheit einfach ansteckend ist, lohnt sich ein Besuch auf alle Fälle. Wir haben es geschafft, sie trotz ihres straffen Zeitplans zu erwischen und sie ein wenig über sich und ihre Arbeit erzählen zu lassen.
Hi Kathrin. Woher kommst du?
Ich bin in Stade aufgewachsen und zur Schule gegangen. Ich habe schon als Kind gerne und viel genäht und hatte großes Interesse an Kleidung und allem was damit einhergeht. Somit war früh klar, dass ich dem nachgehen, und Mode studieren wollte. Mein Diplom in Modedesign machte ich an der HAW in Hamburg. Ich fühle mich immer noch wohl hier und lebe und arbeite seitdem auf St. Pauli. Der Stadtteil ist sehr facettenreich und auch wenn nicht jede St. Paulianerin unbedingt zu meinen Kunden gehört, habe ich meine Entscheidung bis jetzt nicht bereut. Ich bin froh, dass ich im Gegensatz zu manchen Geschäften in der Schanze davon verschont geblieben bin, meinen Laden mit eingeworfenen Scheiben vorzufinden, da auch mein Laden vielleicht den Anschein von Gentrifizierung weckt. Dennoch habe ich bei Null angefangen und mir alles selbst erarbeitet.
Welche Wege hast du eingeschlagen bevor du dich selbstständig gemacht hast?
Während meines Studiums habe ich zwei Semester in Madrid studiert und mein Wissen in Lederverarbeitung erweitert. Danach war ich zuerst in Berlin bei der Modedesignerin Zille Homa Hamid und dann als Designerin für ein deutsches, mittelständisches Modeunternehmen festangestellt. Um meinen Plan, ein eigenes Label zu gründen, zu verwirklichen, wollte ich vorher Berufserfahrung sammeln. Ich habe während des Studiums andere Labels verfolgt und auch leider innerhalb kurzer Zeit scheitern sehen. Das hat mir Angst gemacht. Deshalb hatte ich großen Respekt vor der Selbstständigkeit und habe mich erst nach meiner Zeit bei „Marc Aurel“ und als Filialleiterin bei „Herr von Eden“ erfahren genug gefühlt, „Musswessels“ zu gründen.
Worauf legst du besonderen Wert bei deiner eigenen Arbeit?
Mir ist der liebevolle Umgang mit Stoffen und Schnitten wichtig. Ich fertige häufig drei bis sechs Musterteile an, bevor ein Kleidungsstück und sein dazugehöriger Schnitt gut genug ist. Das ist Maßarbeit und Handwerk und bringt mir besonders viel Freude. Auch neue Farb- und Kollektionskonzepte zu entwickeln liegt mir besonders am Herzen. Mir ist klar geworden, dass man auf lange Sicht nur am Ball bleiben kann, wenn man seiner Leidenschaft folgt. Ich finde es gut, alles möglichst nahe im Blick zu haben. Deshalb beziehe ich die Materialien aus Europa und lasse meine Kollektionen in Berlin produzieren, um nur kurze Produktionswege zu haben. Mein Stil ist geradlinig und klar – sicherlich gefällt er nicht jedem, aber das wollte ich auch nie erreichen. Ich erkenne mich in jedem meiner Teile wider und habe nie großen Wert darauf gelegt, mich anzupassen. Meine Kunden sind sehr gemischt, aber hauptsächlich aus künstlerischen Bereichen. Wenn ich auf die Straße gehe, sehe ich häufig Frauen, die meine Sachen tragen und freue mich dann jedes Mal sehr. Für mich ist es aber auch alleine schon ein Kompliment, wenn neue Kundinnen meinen Laden betreten und alles anprobieren – selbst, wenn sie wieder gehen, ohne etwas zu kaufen.
Ist es schwierig, sich gegen große Warenketten und Online-Shopping zu behaupten?
Natürlich, aber mich betrifft das glücklicherweise nicht so sehr, da meine Kundschaft meist gezielt den Laden ansteuert, weil er ihnen von jemandem empfohlen wurde. Es ist ja ein Vorteil für viele, dass es nicht 1000 Mäntel von jedem Modell gibt, wie etwa bei COS oder ZARA. Man findet meinen Laden in einigen Reiseführern und deshalb kommen zusätzlich viele Skandinavier zu mir. Für sie sind meine Preise verhältnismäßig günstig, das ist dann für beide Seiten erfreulich. Auf St. Pauli habe ich natürlich nicht die typische Laufkundschaft und deswegen wissen die meisten was sie erwartet. Ich lege großen Wert auf die Verarbeitung und die Verwendung hochwertiger Materialien. Ich glaube, das schätzen die Kundinnen, die mittlerweile auch gerne den Onlineshop nutzen. Überdies ist natürlich die Pressearbeit enorm hilfreich.
Vielen Dank liebe Kathrin, wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg!
(Bilder: Yelda Yilmaz, Mia Takahara)
Einfach tolle Sachen!