Bier ist was für Männer? Das sieht Esther Isaak de Schmidt-Bohländer ganz anders. Sie hat 2005 das Bierland im Hamburger Stadtteil Eilbek übernommen und gilt jeher als Hamburgs unangefochtene Bierkönigin. Hier begeistert sie ihre Kunden seitdem mit über 250 verschiedenen Biersorten aus aller Welt. Ihre Vision ist damals wie heute, Bier die gleiche Wertigkeit wie Wein zu geben. Deshalb hat sie einen Raum für Liebhaber geschaffen, in dem diese ihrer Passion freien Lauf lassen können.
Wie schwierig ist es, als Frau in einer „Männerdomäne“ Fuß zu fassen?
Ich muss sagen, dass ich erst nach 10 Jahren behaupten konnte, wirklich ernst genommen zu werden. Früher wurde ich hierzulande immer nur belächelt. Nur von ausländischen Brauern und Händlern wurde ich gleichberechtigt behandelt. Interessanterweise sind es vorallem Skandinavier, für die es nie ein Problem darstellte als Frau einem „Männer-Hobby“ nachzugehen. Durch unsere Stände auf einigen Messen waren wir für alle immer nur „die Mädels, die die Biergeschenke verteilen“. Frauen und Bier passen für die meisten leider einfach nicht zusammen. Das war auch einer der Gründe für mich, Mitbegründerin der „Barley’s Angels“ zu werden. Seit 2011 wollen wir Frauen für das Thema „Bier“ begeistern und auch die Bierindustrie ein wenig auf uns aufmerksam machen – weibliche Bier-Liebhaber werden nach wie vor völlig unterschätzt.
Mein Vorteil in der Branche ist vor allem, dass ich quasi die erste Frau war, die einen eigenen Bier-Laden in Hamburg eröffnet hat. Heutzutage noch Fuß zu fassen, stelle ich mir bei dem großen Angebot leider eher schwierig vor. Ein einschneidendes Erlebnis war, als Herr Hübsch von der „Ständigen Vertretung“ einmal in meinen Laden kam und meinte: „Mädchen das ist ganz großes Kino was du hier machst“. Damals war das für mich das höchste Lob und es hat mir auch häufig geholfen, wenn ich mal keinen Mut mehr hatte.
Was hältst du persönlich von dem neuen Craft Beer Trend?
Ehrlich gesagt hat Craft Beer fast keinen Marktanteil im Biergeschäft. Viele lassen sich auch einfach ein aufwendiges Etikett drucken und verkaufen Bier, das allerdings qualitativ nicht glänzen kann. Allerdings gibt es auch kleine Bierbrauereien, die wirklich was von ihrem Handwerk verstehen, wie zum Beispiel das „Ale-Mania“ Craft Beer. Ich bin mit Fritz befreundet und halte sehr viel von der Qualität seines Bieres. Die meisten wissen glaube ich gar nicht, was „Craft Beer“ genau ist. Die Szene spricht nur noch Englisch und keiner weiß mehr genau, was sich hinter alldem verbirgt. Die Leute meinen, sie hätten eine neue Goldquelle mit dem Bierbrauen entdeckt – meiner Meinung nach wird noch sehr viel Wasser die Elbe runterfließen und viele Etiketten wegspülen, bis sich ein paar wenige ernsthaft etablieren können. Wahrscheinlich muss man das jetzt ein bis zwei Jahre „aushalten“ bis der Hype verflogen ist.
Was macht für dich ein besonders gutes Bier aus?
Das wichtigste Qualitätsmerkmal eines guten Bieres ist für mich seine Ausgewogenheit. Es muss mich „vom Antrunk bis zum Abtrunk“ begeistern und schon der ersten Schluck soll ein Erlebnis sein. Dabei spielt der „Biertyp“ nicht unbedingt eine Rolle. Ich mache da keine Unterschiede zwischen Pils, Kölsch oder Weizenbier – wobei Kölsch mein persönlicher Favorit ist. Zwar ist der Geschmack eher unauffällig, dafür meiner Meinung nach aber sehr harmonisch. Wichtig ist außerdem, dass sich ein Bier auf gewisse Art und Weise von allen anderen Bieren abhebt. Die Deutschen sind sehr gute Bierbrauer und verstehen etwas von ihrem Handwerk, allerdings gibt es auch in anderen Ländern vergleichbare Konkurrenz.
Welche Art von Kunden besuchen das Bierland? Welche Biere werden besonders gut verkauft?
Das ist ganz unterschiedlich. Häufig sind es Feinschmecker, die das passende Bier zu einem Menü suchen oder es zum Kochen verwenden wollen. Der normale Biertrinker hat meistens seine Sorte schon gefunden und bleibt ein Leben lang dabei. Einmal kam eine ältere Dame zu mir, die völlig verzweifelt war, weil ihr Bier ihr nicht mehr schmeckte. Sie wollte auf keinen Fall auf ein anderes Getränk umsteigen und konnte sich nicht erklären warum sie plötzlich kein Bier mehr mochte. Glücklicherweise hatte ich kurz vorher gelesen, dass sich bei älteren Menschen die Geschmacksnerven verändern. Da sie immer Lager Bier trank, empfahl ich, ein obergäriges India Pale Ale mit hohem Alkoholgehalt zu probieren und konnte sie somit wieder für Bier begeistern. Auch kommen viele Hamburger die aus dem Ausland zugezogen sind, ins Bierland um Bier aus ihrer Heimat zu kaufen. Ab und zu fragen Kunden auch nach Biersorten, die sie mal im Urlaub getrunken haben. Grundsätzlich ist der typische Biertrinker eher bodenständig. Die meisten lesen nicht jeden Tag ein Fachbuch über Bier sondern lassen sich lediglich geschmacklich überzeugen. Daher gehen die „Klassiker“ immer noch am Besten.
Vielen Dank, Esther!
(Bilder: Bierland)