Bereits im Dezember 2009 eröffnete Sandra Dhingra ihren „kleidsam“ im schönen Lorettoviertel in Düsseldorf. Vier Jahre später kam der „hab+gut“ im Unterbilker Kiez dazu – ein Kleinod für Geschenkartikel, in dem wir wirklich alles haben wollen! Sandra sucht hier jedes Teil mit Herzblut und Liebe zum Detail aus – umso spannender für uns, mehr über diese Frau und ihre Geschichte zu erfahren. Hier unser Interview mit Sandra, das Einblick in die schönen als auch schwierigen Momente im Alltag der Selbstständigen gibt.

Hallo Sandra, erzähl uns doch wie es dazu kam, dass du jetzt im glücklichen Besitz zweier so schöner Läden bist?

Nach meinem Abitur habe ich eine Banklehre gemacht, das war der Horror. Ich war schon immer kreativ und hatte ein Interesse an Mode, daher entschied ich mich zu einem Studium zur Textilbetriebswirtin. Bei Jobs für Esprit und Deichmann hab ich gemerkt, dass mich das nicht erfüllt. Zwischendrin war ich noch in einer PR-Agentur und auch eine Zeit arbeitslos. Ich war damals oft in Berlin und hab zurück  in Düsseldorf vor allem die kleinen Läden vermisst. Da kam mir die Idee für einen eigenen Laden. In Unterbilk bin ich dann durch Zufall über ein Ladenlokal gestolpert, das zu vermieten war. Schöne Altbauräume, in denen zuvor eine Goldschmiedin ihr Atelier hatte. Und war sofort schockverliebt!

Wie war der Start für dich? Du hattest ja kaum Erfahrung im Einzelhandel.

Learning by Doing – mein Papa ist auch selbstständig und meine kaufmännische Ausbildung hat mir auch etwas geholfen. Ich habe mir einen Buisnessplan erstellt und eine  Freundin, die als Handelsvertreterin viel auf Messen unterwegs war, half mir. Das war wichtig, aber viel ging ganz eigentlich nach Gefühl. Auch meine Ausbildung zur Bankkaufrau – die hab ich zwar nicht gern gemacht, am Ende war sie aber doch für was gut. Ich finde eh, du lernst im Machen und nicht im Lernen. In meiner Ausbildung hab ich auch gemerkt, was wirklich abgeht. Ich mein die zwischenmenschlichen Sachen: im Team arbeiten, mit dem Chef umgehen und das alles.

Kleidsam

 

hab+gut

Hat sich dein Konzept im Laufe der Zeit verändert?

Mein Ziel war es, einen Laden zu haben, der etwas Besonderes bietet und von der Atmosphäre locker und auf gar keinen Fall steif und spießig ist. Mein Konzept war ursprünglich ein Sortiment aus 70er Jahre Vintage – Second Hand Möbeln und Kleidung. Mittlerweile ist das anders, mit vielen kleinen Labels und überwiegend fair produzierten Produkten.  Zwischendrin hatte ich dann noch einen zweiten kleidsam in Flingern. Den hab dadurch bekommen, dass mich Ladenbesitzer angerufen haben und meinten, mein Laden wäre so schön und ob ich nicht ihre Räume übernehmen will.. Als dann noch der hab+gut Geschenkartikelladen dazu kam, war mir das aber irgendwann zu viel. Also entschied ich mich den Kleidsam in Flingern aufzugeben, um mehr Zeit für die zwei anderen Läden in Unterbilk zu haben.

Klar, drei Läden klingen nach wenig Freizeit. Da ist ein gutes Team super wichtig, oder?

Total! Es ist gar nicht so leicht, Angestellte zu finden, die Verantwortung tragen. Vor allem in kleinen Läden ist es wichtig, dass das Schaufenster schön dekoriert oder genug Tüten und Kassenblöcke da sind – hier muss ich vertrauen können. Denn der Kampf als kleiner Einzelhandel ist riesengroß!

Das stimmt! Wie empfindest du die aktuelle Situation in Düsseldorf?

Die Sache ist die, dass das Viertel als ich vor 14 Jahren angefangen hab noch ganz anders aussah – da gab es die Metzgerei, den Gemüsehändler, heute sind da viel mehr Concept Stores und Klamottenläden. Es gibt auch Ladenbesitzer, die in andere Läden im selben Viertel gehen und genau dasselbe einkaufen. So stirbt die Vielfalt, obwohl genau das den einzelnen Laden ausmacht. Mein Anspruch ist es, ein besonderes Sortiment zu haben, das es im gleichen Viertel nicht so gibt. Was mittlerweile eh schwierig ist, weil Ikea und co. das dänische Design abkupfern und ähnliche  Vasen verkaufen – für drei Euro das Stück. Die Politik ist hier auch manchmal fragwürdig und bietet wenig Hilfe. Ein Beispiel:  Wir haben einen verkaufsoffenen Sonntag geplant. Nur die inhabergeführten Läden, mit Weihnachtsmann und allem, das ganze Viertel hat sich schon gefreut.. Dann hat Verdi geklagt und gewonnen. Als die großen Ketten in der Innenstadt einen verkaufsoffenen Sonntag veranstalten wollten, hat sich der Bürgermeister eingesetzt und das Ganze fand statt. So etwas ist schon sehr enttäuschend – es wird zu wenig unterstützt und honoriert was wir machen.

Kleidsam

Kleidsam

Verständlich. Was gibt dir die Kraft, weiter zu machen?

Ich mach’s mit Leidenschaft und schaffe eine Atmosphäre für meine Kunden, in der sie sich wohlfühlen. Sätze wie „Oh ist das ein schöner Laden“ bestärken mich und da ich mittlerweile seit 14 Jahren da bin, gibt es viele Stammkunden. Die kenne ich als Singles, frisch verheiratet und mit zwei Kinden – das ist schon was Besonderes. Ich freue mich eh über alle, die ein Bewusstsein dafür haben, dass ihr Viertel deshalb so schön ist, weil es uns kleine Läden gibt.

Wie suchst du dein Sortiment im kleidsam aus?

Ich habe viel Fairtrade, damit bin ich auch sehr zufrieden und stehe total dahinter. Viele Kunden kommen extra deshalb und fragen gezielt nach fair produzierter Ware. Hier besteht ein Bewusstsein und die Sachen halten bei der Qualität natürlich auch sehr lange. Ich habe viele Teile, bei denen den Kunden ein „Wow“ rausrutscht und manche kommen und sagen, dass sie auf einer Party wegen dem Kleid angesprochen wurden. Sowas freut mich dann besonders. Außerdem hab ich viele Labels, wie King Loui aus Holland, Armed Angels, Madame jeyjey oder Seasold aus England. Die gibt es so in großen Ketten nicht!

Klingt nach einem wirklich besonderen Sortiment! Hattest du ein persönliches Highlight in all der Zeit?

Als ich vor fünf Jahren den kleidsam umgebaut habe und ein DJ aus Düsseldorf bei der Wiedereröffnung aufgelegt hat. Den fand ich schon mit 18 ganz toll und bin damals vom Dorf aus zwei Stunden zu Partys gefahren, auf denen er gespielt hat. Den habe ich dann wieder getroffen und gleich gefragt, ob er nicht bei mir im Laden auflegen will. Das war ein toller Abend!

Danke, liebe Sandra!

 

hab+gut

hab+gut

{Fotos: Nina Bannemann}